Was mussten die Fans an der Hafenstraße in dieser Saison nicht alles mitmachen? Eine 1:3-Niederlage zum Heimauftakt gegen Wuppertal, die beiden Last-Minute-Schlappen gegen Wattenscheid und - zumindest gefühlt - gegen Uerdingen, als es nach der 90. Minute jeweils zwei Gegentreffer gab, dazu desaströse Auftritte wie beim 2:4 gegen Wiedenbrück oder dem 1:1 gegen Absteiger Wegberg-Beeck. Im März gipfelte die Krise zwischen Mannschaft und eigenem Anhang im Stimmungsboykott. 19 Punkte hat Rot-Weiss Essen in der noch laufenden Saison geholt, knapp mehr als einen Punkt pro Spiel.
Seit Jahren wünschen sich die Fans, dass die Hafenstraße doch wieder zur Festung wird. Und wie es wirkt, scheint Karsten Neitzel wieder der erste Trainer zu werden, der das möglich machen kann. Abwehrchef Philipp Zeiger bezeichnete ihn zuletzt als sehr emotionalen Typen: „Er peitscht uns immer an. Bisher war das absolut positiv, das sieht man auch in der Art und Weise, wie wir spielen.“ Und er sprach davon, dass es passe. Davon konnten sich die Fans am Donnerstagabend beim Fantreffen einen eigenen Eindruck verschaffen. Dieser war gleichzeitig eine letzte größere Möglichkeit, Werbung für die Aktion „Halber Preis, volle Hütte“ zu machen.
Gegner ist der TuS Erndtebrück. Die Mannschaft von Trainer Florian Schnorrenberg braucht schon ein Wunder, um in den letzten beiden Partien sechs Punkte und 17 Tore Rückstand auf die U23 von Fortuna Düsseldorf aufzuholen, um wenigstens die Hoffnung zu erhalten, drin zu bleiben. Schließlich würde bei einem Aufstieg des Westmeisters der 15. Platz für den Klassenerhalt reichen. „Sie haben nichts mehr zu verlieren“, weiß auch Neitzel.
Schlimmer als bei ihrem letzten Auftritt im Stadion Essen kann es für die Mannschaft aus dem Kreis Wittgenstein wohl eh nicht werden. Damals unterlagen sie dem RWE mit 1:9. Eine Blamage. Für den Fußballlehrer ist die Partie von vor knapp drei Jahren kein Gradmesser mehr: „Wir wollen auf jeden Fall schauen, dass es so rüberkommt, dass die Handbremse gelöst ist. Heißt: Wir wollen das Spiel bestimmen, im richtigen Moment den Gegner offensiv attackieren und unsere Arbeit bei eigenem Ballbesitz auf die Reihe bekommen.“
Taktieren für das Pokalfinale? Nicht möglich. Marcel Lenz (Sehnenriss), Cedric Harenbrock (Kreuzbandriss), Roussel Ngankam (Muskelfaserriss), Tolga Cokkosan (Probleme mit der Achillessehne) und Jan-Steffen Meier (Verletzung am Mittelfuß) fallen weiterhin aus. Sofern die frischgebackenen U19-Bundesliga-Aufsteiger und Kreispokalsieger wie Simon Skuppin oder Nicolas Hirschberger keinen Platz im Kader bekommen, bleibt ein Sitz auf der Ersatzbank frei. Neitzel verspricht: „Wir haben zuhause noch nicht so viele Highlights bieten können, dass wir das nur mit 80 Prozent angehen können.“ Schließlich gibt es auf die Saison gesehen noch etwas gut zu machen, um vielleicht auch mit einer Art Euphorie ins Pokalfinale zu gehen.